Hausputz in der eigenen Seele

Auf der Reise ins eigene Innere haben sich Farben als hilfreiche Wegweiser erwiesen. Davine Bonowski wendet die bunten Fläschchen im Rahmen der Aura-Soma-Therapie an. Foto: Ulrike Havermeyer

Als „Beziehungsraum“ bezeichnet Davine Bonowski jene intime, tiefgründige Bühne, auf der sich die kleinen und großen Dramen zwischen zwei Menschen abspielen. Diesen Raum für sich und andere angenehm zu gestalten, hat sich die gebürtige Schweizerin zur Aufgabe gemacht.

Davine Bonowski mag klar strukturierte Räume. Außen-, Innen-, aber vor allem: Zwischenräume. Besonders angetan hat es der studierten Kunsthistorikerin die filigrane Architektur menschlicher Beziehungen: Woran liegt es, dass Kommunikation mal gelingt, mal aber auch nicht? Wann springt der Funke über und verbindet zwei Partner miteinander? Doch auch die Frage, welche Faktoren dazu beitragen, dass manche Beziehungsräume eng werden, einstürzen und die Gefühle unter sich begraben, treibt die Wahlwesterkappelnerin um. Und schließlich: Wie lässt sich eine derart angeschlagene, verletzte Seele aus den Trümmern einer verunglückten Beziehung retten und heilen?

Die Bedeutung der Weiblichkeit

„Durch die Beschäftigung mit der Kunst habe ich gelernt, mich in der Welt zu orientieren“, blickt die heute 47-Jährige auf ihre eigene Biografie zurück. „Woher komme ich, was beeinflusst mich, wo will ich eigentlich hin in meinem Leben?“ In der Auseinandersetzung mit dieser Thematik sei ihr klargeworden, dass es „die Dimension Mensch – in meinem Falle zunächst besonders: die Rolle der Frau, die Bedeutung ihrer Weiblichkeit“ war, die sie am meisten faszinierte. Und weil Struktur und Ordnung ihr wichtig sind und man eine Geschichte am besten versteht, wenn man sie von Anfang an betrachtet, ließ sich Davine Bonowski zur Hebamme ausbilden.

Als Hebamme in Afrika gearbeitet

„Über viele Jahre habe ich als freiberufliche Hebamme gearbeitet, unter anderem in Afrika und im Klinikum Dissen“, berichtet sie. „In dieser Zeit habe ich festgestellt, dass immer mehr Frauen das Vertrauen in den eigenen Körper verloren haben, zu sich selbst auf Distanz gehen oder sogar innere Mauern aufbauen“, verweist sie unter anderem auf den Trend zum Kaiserschnitt, dessen Quote in manchen Regionen bei über 40 Prozent liege. „Wer aber mit sich selbst nicht mehr verbunden ist, wie soll der eine Verbindung zum Anderen eingehen?“, gibt sie zu bedenken. Egal ob in Partnerschaften, mit den Kindern, Eltern oder den Freunden.

Wie man das Vertrauen stärkt

Die Herausforderung für Davine Bonowski, die mittlerweile auch noch eine Ausbildung zur Heilpraktikerin für Psychotherapie abgeschlossen hatte, lautete mithin: Wie bringt man verunsicherte Menschen dazu, sich selbst wieder als ganzheitliche Persönlichkeit wahrzunehmen und ihrem Gegenüber neuerlich zu vertrauen? Eine Antwort fand Bonowski schließlich in einer in den USA entwickelten Gesprächsform, die sich Imago nennt. Gemeinsam mit ihrem Mann, der als Neurologe im Ibbenbürener Klinikum tätig ist, absolvierte sie eine entsprechende Weiterbildung für die neue Therapie-Methode.

Wenn Grenzen zu Schwellen werden

„Wir alle profitieren davon, wenn wir unsere Beziehungsräume klären“, kommt Davine Bonowski auf die Bühne der zwischenmenschlichen Dramaturgie zurück. „Schließlich ist das auch der Raum, in dem unsere Kinder aufwachsen.“ Wer sich zum seelischen Hausputz entschließt und hinter die Schichten schauen will, die sich seit der eigenen Kindheit übereinander gelegt haben und den Beziehungsraum auskleiden, solle sich auf jeden Fall genügend Zeit dafür lassen und entschleunigen. „Grenzen auszuloten und zu entscheiden, ob aus ihnen Schwellen oder sogar wieder offene Türen werden können – dazu braucht es Vertrauen und Achtsamkeit“, sagt Davine Bonowsiki. Doch wer sich auf diesen spannenden Weg begibt, der richtet sich dort mit der Zeit, wer weiß… vielleicht ja sogar einen bisher unbekannten neuen Lieblingsplatz ein.

(Erschienen in: Neue Osnabrücker Zeitung, 06.09.2017)