Hinter den Kulissen des Freibads Bullerteich

Dreimal am Tag kontrolliert Schwimmmeisterin Lara Osthues oder einer ihrer Kollegen die Wasserqualität. Fotos (6): Ulrike Havermeyer

Das Wasser glasklar, die Liegewiese und die Wege frei von Müll, die große Rutsche, der Sprungturm sowie sämtliche Spielgeräte sauber und vor allem: sicher. Dass im Bullerteich jeden Morgen alles tipp topp ist, dafür sorgen Schwimmmeisterin Lara Osthues und ihr Team. Ein Blick hinter die Kulissen des Westerkappelner Freibads.

Gut eine Stunde bevor die Frühschwimmer den Bullerteich entern – an diesem Morgen bei Badöffnung um Punkt acht Uhr – ist Schwimmmeisterin Lara Osthues bereits vor Ort. Für den hochsommerlichen August mit Mittagstemperaturen um 35 Grad ist die Luft zu dieser Zeit noch angenehm kühl. Trotzdem dauert es nicht lange, bis der 29-jährigen Badleiterin die ersten Schweißperlen auf der Stirn stehen. Und auch meine Wangen röten sich bedenklich. Dabei muss ich weder sperrige Sandsauger aus dem Wasser zerren noch dicke Wasserschläuche enttüddeln. Ich brauche – anders als die Freibadchefin – keine Spielgeräte oder gar den Sprungturm zu erklimmen und zu inspizieren. Das Einzige, was ich mir vorgenommen habe ist, mit Lara Osthues Schritt zu halten und dabei zu erfahren, was sich alles außerhalb der Öffnungszeiten und fern der Blicke der Besucher abspielt, damit sich der Bullerteich seinen Gästen täglich aufs Neue in einem ordnungsgemäßen, gepflegten und einladenden Zustand präsentiert.

Im Technikraum gibt es über den Tag einiges zu erledigen. Unter anderem wird hier die Filteranlage gespült.

Noch vor der ersten Tasse Kaffee überprüft Lara Osthues die Räumlichkeiten. Hat die Reinigungsfirma die Umkleidekabinen, die Duschen und die Toiletten korrekt gesäubert? Sind die Desinfektionsmittelspender gefüllt und funktionieren sie? Die gebürtige Mellerin schaut in den Gasraum und kontrolliert, ob die Flaschen in einem unauffälligen Zustand sind und die Temperaturen stimmen. In einem weiter entfernt liegenden Raum befindet sich das Chlorgaswarngerät, das ebenfalls gründlich in Augenschein genommen werden muss. Im Heizungsraum geht Osthues anschließend konzentriert die Anzeigen auf dem Schaltschrank für die Mess- und Regeltechnik durch. „Das sieht alles gut aus“, sagt sie und macht noch schnell einen Abstecher in den Aufsichtsraum, um dort die Kaffeemaschine einzuschalten.

„Ich bin ja eine Frau – und deshalb mache ich viele Dinge gleichzeitig“, gibt Osthues augenzwinkernd zu Protokoll und marschiert – noch immer nicht am Kaffee genippt – entschlossen weiter. Vielleicht hilft ihr das weibliche Talent zum effizienten Handeln tatsächlich dabei, die vielen Routinen und Standardabläufe, die es bis zum Beginn des Badebetriebs noch zu erledigen gibt, zu koordinieren. Vielleicht sind es aber auch die Erfahrungen, über die die geprüfte Meisterin für Bäderbetriebe verfügt: Ihre Ausbildung hat sie bei den Osnabrücker Stadtwerken absolviert und hat danach unter anderem zwei Jahre lang die Ostsee-Therme in Scharbeutz geleitet. Seit sie im vergangenen Jahr die Leitung des Bullerteichs übernommen hat, lebt sie in Westerkappeln.

Raus aus dem Schwimmer-, rein ins Nichtschwimmerbecken: Den Unterwassersauger zu bändigen ist nicht nur an heißen Sommertagen eine Herausforderung.

Energisch steuert die 29-Jährige das erste von mehreren Durchschreitebecken an, an denen im Bullerteich niemand vorbeikommt, der ins Wasser will: keine Chance für sandige Füße! Die Schwimmmeisterin steckt den Stöpsel in den Ablauf, dreht den Hahn auf und beginnt damit, das flache Becken zu fluten. Als nächstes muss sie den Unterwassersauger, eine segensreiche aber nicht minder sperrige Maschine, die den Grund des Schwimmerbeckens über Nacht von Sand und Dreck befreit, ins Nichtschwimmerbecken bugsieren. Schwerstarbeit – nicht nur bei diesem Wetter.

Dann setzt sie ihren Kontrollgang über das Gelände fort. Sind Wege, Liegewiese und Spielplätze frei von Scherben und Müll? Können Stolperfallen ausgeschlossen werden? Rund um das Planschbecken nimmt sich Lara Osthues besonders viel Zeit. Sie rüttelt am roten Elefanten und streicht ihm über die Kunststoffhaut: Aber nichts hat sich gelöst, ist gerissen oder steht heraus. Das Sonnensegel ist ebenfalls in Ordnung. Auch jedes einzelne Spielgerät, ob Schaukeltierchen oder Klettergestell, wird akribisch untersucht. Genau wie die Sitzbänke, die Handläufe zu den Becken, die Edelstahlrutsche am Nichtschwimmer und der Sprungturm am Schwimmer. „Ich versuche alle Verletzungsgefahren auszuschließen“, ist sie auf Nummer sicher bedacht.

Die Ruhe vor dem Sturm: Lara Osthues kontrolliert die Sprunganlage am noch menschenleeren Schwimmer. Im Arm trägt sie ein paar Fundsachen, die sie während ihres Kontrollgangs entdeckt hat.

„Die erste Runde ist beendet“, atmet Lara Osthues schließlich zufrieden auf und lässt sich mit dem ersehnten ersten Kaffee auf ihrem Lieblingsplatz nieder, der Holzbank vorm Schwimmmeisterraum mit Blick auf die noch menschenleeren Becken. Über der Anlage liegt eine Stille, die man als regulärer Besucher hier selten erlebt. Die Morgensonne verbreitet ein sanft goldenes Licht. Irgendwo gurrt eine Taube. In den Durchschreitebecken rauscht das Wasser vor sich hin. „Das hat etwas sehr Beruhigendes“, sagt Osthues, „und man kann sich darauf einstellen, dass es mit dem Badebetrieb nun langsam losgeht.“

Bei diesem Gedanken stellt sie die Tasse auch schon wieder beiseite und spurtet neuerlich los: Das Planschbecken, dessen Wasser jeden Abend abgelassen wird, muss neu befüllt, dafür Pumpen eingeschaltet und der Ablauf per Schieber verschlossen werden. Auch die übrigen Becken müssen mit ausreichend Frischwasser aus dem benachbarten Naturteich, dem ursprünglichen Bullerteich, aufgefüllt werden. Zuvor wird das Wasser durch die Filteranlage geleitet und gechlort. „Indem wir immer reichlich Frischwasser zufügen und täglich die Filteranlagen spülen, erreichen wir eine recht gute Wasserqualität“, erläutert Osthues. Wie lange der kleine von Quellen gespeiste Naturteich sich den Hitzesommern allerdings noch entgegen stemmen kann, ist fraglich. „Bis jetzt ist es immer noch gut gegangen“, sinniert sie, „aber das könnte irgendwann zu einem Problem werden.“ Für Notfälle gebe es zwar eine Stadtwasser-Leitung. „Aber die ist sehr dünn“, gibt die Schwimmmeisterin zu bedenken.

Die kaputte Waschbetonplatte wird abgesichert und ausgetauscht. Voraussichtlich am Montagvormittag, wenn das Bad für den Publikumsverkehr geschlossen ist und die Mitarbeiter genug Zeit für größere Reparaturen haben.

Dreimal am Tag ist das Bullerteich-Team verpflichtet, Handproben aus den Becken zu nehmen und auszuwerten. Die erste ist vor Öffnung des Badebetriebs fällig. Gemessen werden neben der Temperatur freies und gebundenes Chlor sowie der ph-Wert. An diesem Morgen heißt das Ergebnis: keine Auffälligkeiten. Während die ersten Frühschwimmer freundlich zu Lara Osthues hinüberwinken, wuchtet die Schwimmmeisterin noch rasch den Sandsauger aus dem Nichtschwimmer. Der endlos scheinende Wasserschlauch hat sich beim Säuberungsprozess vertüddelt, das Verlängerungskabel muss akkurat aufgewickelt werden. Es dauert, bis die Chefin die Utensilien gebändigt und verstaut hat. Inzwischen ist der Kaffee kalt – was bei diesen Temperaturen nicht das schlechteste ist.

Die Geschäftigkeit im Hintergrund setzt sich über den gesamten Tag fort. Regelmäßig werden die relevanten Werte abgelesen, Schalter umgelegt – es gibt haufenweise mir unbekannte Geräte wie Injektoren oder einen Marmorkiesturm, der wie eine Mini-Rakete im Nebenraum der Technik platziert ist. Im Schichtdienst teilen sich Osthues und ihr Stellvertreter Dennis Kerlfeld zusammen mit einem Team von Rettungsschwimmern die Aufgaben, von denen während der Öffnungszeiten die Aufsichtspflicht zwingend und unangefochten im Vordergrund steht. In dieser Saison werden Osthues und ihre Leute außerdem von etlichen Honorarkräften unterstützt, die dafür sorgen, dass die coronabedingten Hygienemaßnahmen eingehalten werden.

Jeden Abend wird das Wasser aus dem Planschbecken abgelassen und die gesamte Anlage gründlich gereinigt.

An normalen Tagen sind es in der Regel drei Personen, die allabendlich zwischen einer und anderthalb Stunden nach Schließung des Bades für Klarschiff im und um den Bullerteich sorgen. Das Wasser aus dem Planschbecken muss abgelassen und der Beckenboden sauber gespritzt werden. Auf sämtlichen Wegen, Spielplätzen, auf der Liegewiese, in den Beeten und rund um die Becken – aber auch auf dem Parkplatz und bei den Fahrradständern vorm Eingang – muss der Müll eingesammelt und entsorgt werden. Fundsachen werden aufgelesen und aufbewahrt. Der Sandsauger wird in den Schwimmer versenkt. Und natürlich zieht Lara Osthues auch die Stöpsel aus den Durchschreitebecken wieder heraus, auf dass das erquickende Plätschern der Wasserhähne die Schwimmmeisterin am nächsten Morgen wieder ganz entspannt auf den Tag einstimmen kann.

Der Bullerteich in Zeiten von Corona

Derzeit (Stand: 11. August 2020) dürfen sich coronabedingt nur 350 Badegäste gleichzeitig im Freibad Bullerteich aufhalten. Die große Liegewiese zur Schule hin ist gesperrt. Da  keine Reservierungen entgegengenommen werden und es keine zeitlichen Beschränkungen gibt, müssen Besucher damit rechnen, dass sich vor dem Einlass eine Warteschlange bildet. Am vergangenen Samstag und Sonntag dürften geschätzt jeweils rund 1000 Personen im Freibad gewesen sein, vermutet der stellvertretende Badleiter Dennis Kerlfeld. Zum Vergleich: Im Vorjahr hatten an einem besonders heißen Tag 2626 Badegäste den Bullerteich besucht.

(Erschienen in: Neue Osnabrücker Zeitung, 14. August 2020)