Immer der Nase nach – Trüffelsuche mit Jakob

Wer Trüffeln finden will, braucht ein feines Näschen. Kursleiter Thomas Wiitich versichert den Teilnehmern, dass dafür jede Hunderasse geeignet ist. Foto: Jörn Martens
Wer Trüffeln finden will, braucht ein feines Näschen. Kursleiter Thomas Wittich versichert den Teilnehmern, dass dafür jede Hunderasse geeignet ist. Foto: Jörn Martens

Mit dem eigenen Vierbeiner das Osnabrücker Land nach wertvollen Trüffeln durchstöbern? Weiß Pilzberater Thomas Wittich, der den Kurs „Trüffelsuche mit Hund“ anbietet, denn gar nicht, dass die Trüffeln auf der Roten Liste stehen? Doch, weiß er. Und noch vieles mehr.

Totaaaaal langweilig findet Jakob die theoretische Einführung in die Welt der Trüffeln. Während Frauchen Andrea Rethschulte-Klute sich gewissenhaft Notizen über die Verbreitung und die Lebensweise der aromatisch duftenden Delikatesse aus dem Erdboden macht, quengelt der sechs Monate alte Welpe ungeduldig herum. Was ein waschechter Magyar Vizsla ist wie Jakob, den hält es nicht lange in der Studierstube – der will raus! Ab in die Natur! Abenteuer erleben!

300 verschiedene Arten

Die Osnabrückerin sieht ihre temperamentvolle Hündin nachsichtig an, seufzt und hebt die zappelige Dame auf ihren Schoß. Nicht täuschen lassen: Jakob ist tatsächlich eine Hündin – den Namen hat sie bekommen, weil ihr Herrchen einen Rüden bevorzugt hätte. Andrea Rethschulte-Klute tätschelt ihrem Wildfang das Fell. Bloß noch einen kleinen Moment Geduld, dann hat Trüffelexperte Thomas Wittich zumindest den zweibeinigen Kursteilnehmer einen Wissensgrundstock rund um „Tuber aestivum“, die Sommertrüffel, und ihre rund 300 Gattungsgenossen vermittelt.

Mitnehmen verboten

Vorweg: Die vier Teilnehmerinnen, die nicht nur aus dem Osnabrücker Land, sondern bis von Bochum und Rinkerode aus angereist sind, sind keineswegs mit illegalen Absichten zum Dörenberg nach Bad Iburg gekommen. „Also, ich mag die Dinger sowieso nicht essen“, sagt Claudia Neuß. Genau wie ihre Mitstreiterinnen, weiß die Bochumerin, dass die Trüffeln geschützt sind und nicht geerntet werden dürfen, sondern am Fundort verbleiben müssen.

Sinnvolle Beschäftigung

„Aber Wilma zum Trüffelhund auszubilden halte ich für eine gute Idee.“ Denn als Vertreterin der Lagotto Romagnolo, einer italienischen Wasserhunderasse, verfügt Wilma über ein feines Näschen und jede Menge Bewegungsdrang. „Wenn sie beim Spazierengehen nach Trüffeln statt nach Hasen sucht, ist das doch eine sehr sinnvolle Beschäftigung“, findet Claudia Neuß. Andrea Rethschulte-Klute nickt zustimmend – und Jakob hechtet wie eine kleine Rakete von ihrem Schoß: Liegt da nicht schon ein Hauch von Trüffel in der Luft?

Forschungsgruppe

„Einen Hund auf den Geruch von Trüffeln abzurichten, ist nicht schwer“, sagt Kursleiter Thomas Wittich, der sich, wenn er nicht gerade als Lehrer, Fachrichtung Gesundheit, an der Berufsschule am Pottgraben unterrichtet, in der Forschungsgruppe „Hypogäen“ (wissenschaftlicher Begriff für die Trüffeln) von Deutschlands „Pilzpapst“ Dieter Honstraß engagiert. Die Forschungsgruppe beschäftigt sich mit der Erfassung und Erforschung der Trüffeln. „Die eigentliche Herausforderung besteht darin, den Hund an die richtigen Stellen zu führen“, erklärt Wittich. „Denn nur wenn Hund und Mensch regelmäßig ein Erfolgserlebnis in Sachen Trüffelsuche verbuchen können, endet die gemeinsame Leidenschaft nicht in Frustration.“

Der Duft des Dummies: Hündin Jakob kann es kaum abwarten, dass Kursleiter Thomas Wittich und Frauchen Andrea Rethschulte-Klute die Attrappe gegen einen echten Trüffel eintauschen. Foto: Jörn Martens
Der Duft des Dummies: Hündin Jakob kann es kaum abwarten, dass Kursleiter Thomas Wittich und Frauchen Andrea Rethschulte-Klute die Attrappe gegen einen echten Trüffel eintauschen. Foto: Jörn Martens

Weit verbreitet

Von diesen Stellen, erläutert der Trüffelfachmann, gebe es in Deutschland und eben auch im Osnabrücker und angrenzenden Tecklenburger Land viel mehr, als gemeinhin vermutet werde. „Genau genommen ist die Trüffel ein Massenpilz und gehört von der Roten Liste herunter.“ Seit Wittich mit seiner eigenen Hündin Jule unterwegs ist, hat er schon 28 verschiedene Arten von Trüffeln an rund 300 Stellen im Landkreis nachgewiesen. In ganz Niedersachsen gibt es laut Wittich um die 4000 Standorte. Kalkhaltige Böden, unverzichtbare Partnerbäume wie Hainbuchen oder Haseln – wer die Zeichen der Natur zu deuten weiß, findet auch bald seinen ersten Trüffel, ist er überzeugt.

Learning by doing

Das ist Jakob auch: Mit sichtlicher Begeisterung apportiert der Vierbeiner den von seinem Frauchen selbst gebastelten und mit Trüffelöl bestückten Dummy. Die Augen des quirligen Welpen funkeln hellwach: Lerning by doing – na endlich wird die Sache interessant! Dass die Trüffeln beim Üben nicht immer in Gestalt eines in sich verknoteten Küchenhandtuchs daher kommen, sondern sich auch mal als Überraschungs-Ei-Kapsel hinter einem Gebüsch verstecken oder als winziges, aromatisiertes Holzstückchen im Laub verbergen, hat die clevere Hündin schnell begriffen.

Das Geheimnis lüften

Nicht mehr lange, dann wird sie auf einem der nächsten gemeinsamen Waldspaziergänge wohl ihrem Frauchen den ersten echten Trüffel anzeigen. Und dann wird Andrea Rethschulte-Klute, nachdem sie ihre Hündin ausgiebig gelobt hat, ihren Notizblock zücken und genau aufschreiben, um welche Trüffelart es sich handelt, welche Pflanzen in der Nähe wachsen, wie der Boden beschaffen ist – und diese Daten dann an die Forschungsgruppe Hypogäen weiterleiten. Auf diese Weise werden sie und Jakob dazu beitragen, das Geheimnis um die Verbreitung der Trüffeln im Osnabrücker Land Schritt für Schritt, Atemzug um Atemzug zu lüften. Weitere Informationen unter www.trueffeljule.de .

(Erschienen in: Neue Osnabrücker Zeitung, 05.07.2016)