Dem Corona-Frust Paroli bieten

Eine Runde Löffelmikado ist genau das Richtige, um den Tag versöhnlich ausklingen zu lassen. Foto: Ernesto-Moses Wiebrock

Für alle Kinder, ihre Eltern oder Betreuungspersonen, denen langsam die Ideen ausgehen, womit sie sich – durch das Coronavirus zum zuhause bleiben verdonnert – beschäftigen können, hat der DRK-Kreisverband Tecklenburger Land eine Bastel- und Spielesammlung zum Downloaden erarbeitet. Wir haben sie getestet.

Eine Sanduhr basteln, einen Verband richtig anlegen oder um die Wette staubsaugen – auf mehr als 140 Seiten hat Kreisjugendreferentin Jannike Reimold rund 40 Beschäftigungsvorschläge zusammengestellt, die Familien mit Kindern dabei helfen sollen zu verhindern, dass ihnen angesichts der Corona-Einschränkungen die Decke auf den Kopf fällt. Die Angebote richten sich vor allem an Kinder im Kita- und Grundschulalter bis hinauf zu den ersten Jahrgängen der weiterführenden Schulen. Doch nach einem ausgiebigen Selbstversuch mangels jüngerer Testpersonen können wir – Emma (17 Jahre), Jana (18), Ernesto (18), Frank und Ulrike (beide Ü50) – bestätigen, dass auch Jugendliche und Erwachsene hier inspirierende Anregungen entdecken, wie man dem derzeit vom Virus dominierten Alltag ein wenig Spaß und Ablenkung abringen kann.

Weil die mit Wasser gefüllte Konservendose über Nacht im Gefrierfach stand, verformt sie sich dank des Eisklotzes in ihrem Inneren nicht, als ich die Löcher hinein hämmere. Foto: Ernesto-Moses Wiebrock

„Ich dachte, du bist im Homeoffice und musst arbeiten“, gibt sich meine Tochter empört – und kann ein amüsiertes Grinsen nicht unterdrücken, als ich mit Hammer und Nagel eine leere Tomatensuppendose bearbeite. „Laternen aus Konservendosen basteln“ lautet einer der Vorschläge in der DRK-Sammlung, der mich besonders angesprochen hat. Ich verweise den spöttelnden Nachwuchs auf die Internetseite www.langeweile-im-büro.de, die ebenfalls mit einem bunten Potpourri lustiger Zerstreuungen – Zielgruppe: Berufstätige – aufwartet: Um fokussiert seiner Arbeit nachgehen zu können, werden dort regelmäßige Kreativpausen empfohlen.

Neugierig geworden – und keinerlei terminliche Verpflichtung im Nacken – stöbert meine Tochter interessiert durch den DRK-Download, sichtet geduldig Rätsel und Bastelvorlagen und liest sich in aller Ruhe die ausführlichen Beschreibungen zu den verschiedenen Beschäftigungstipps durch. „Klingt ganz spannend“, lautet ihr Urteil. Sobald sie ihr Pensum an Lernaufgaben – das ihr seit Schließung der Schule via Cloud zur Verfügung gestellt wird – erledigt hat, wolle sie sich an dem Deko-Heißluftballon aus alten Buchseiten versuchen, kündigt sie an.

Weil er ästhetisch ansprechend sei und sie gerne lese, habe sie sich für den Heißluftballon aus alten Buchseiten entschieden, begründet Emma ihre Wahl. Foto: Ernesto-Moses Wiebrock

Noch ist die Stimmung bei uns zuhause – trotz lahmgelegtem öffentlichem Leben und der bundesweit verhängten Kontaktsperre – nun ja, vielleicht nicht gerade entspannt, aber doch erträglich. Die Unsicherheit, wann – und wie heftig vom Virus gebeutelt – die Normalität zurückkehrt, lastet auf den Gemütern; wir vermissen unsere kleinen Fluchten – Fitnessstudio, Doppelkopfrunde, Kino- und Gaststättenbesuche; dank „Homeschool“ und „Homeoffice“ können aber sowohl die drei (fast) erwachsenen Schulkinder als auch mein Mann und ich auf halbwegs gewohnte Strukturen zurückgreifen, was den Tagesablauf sehr erleichtert. Das Konfliktpotenzial in Familien mit jüngeren Kindern und anderen beruflichen Konstellationen dürfte deutlich höher sein – und daher ist es großartig, dass der DRK-Kreisverband so schnell gehandelt hat und mit seiner Online-Sammlung in deeskalierender Voraussicht einen Rettungsring in den trüben Tümpel der Langeweile wirft.

Genau wie Emma, bewegen sich auch Ernesto und Jana völlig ohne Zeitdruck durch die Krise – und sind entsprechend aufgeschlossen für Abwechslungen aller Art. Als willige Beschäftigungstipp-Tester entscheiden sie sich für eine auf Nachhaltigkeit angelegte Handarbeit: Aus alten T-Shirts stellen sie Einkaufstaschen her. In der DRK-Anleitung werden die Nähte der Beutel lediglich verknotet, was für jüngere Kinder zum Selbermachen perfekt ist. „Doch, das hält ganz gut und sieht hübsch aus“, stellt Jana nach getaner Arbeit fest, „man darf nur nicht zu kleine Dinge hineintun – die fallen sonst unten raus. Ideal für ein paar Rollen Toilettenpapier.“ Grins. Nach dem Motto „Wenn schon, denn schon“ hat mein Sohn eine stabilere Taschenvariante im Sinn und kramt die Nähmaschine aus dem Schrank. Hier eine Kappnaht, da ein Winkel – fertig.

Aus alten T-Shirts knoten und nähen Jana und Ernesto praktische Einkaufstaschen. Foto: Ulrike Havermeyer

Der Ideenfundus des DRK birgt noch jede Menge weiterer Vorschläge – und was auf den ersten Blick vielleicht etwas zu simpel oder zu kindisch erscheint, gewinnt auch für uns Ältere an Reiz, je länger wir uns damit beschäftigen. „Wetten, dass Papa diesen Zaubertrick nicht hinkriegt?“, blitzt die Herausforderung in den Augen unseres Sohnes, bevor er aufspringt, um ein paar für magische Experimente geeignete Luftballone zu suchen. Und so ist nicht nur der Nachmittag mit kreativen Basteleien wie im Fluge vergangen, auch der Abend gestaltet sich mit Löffelmikado, Tischfußball und einiger trotz Nadelstichen nicht platzender Luftballone – im Kerzenschein unserer neuen Konservendosenlaterne – geradezu gelassen.

Die Ideensammlung „Alles – nur keine Langeweile. Beschäftigung für die Zeit zu Hause“ steht als kostenloser Download auf der Homepage des DRK-Kreisverbands Tecklenburger Land auf www.drk-te.de zur Verfügung.

(Erschienen in: Neue Osnabrücker Zeitung, 25. März 2020)