Kein Mit-Muh-Recht beim Melkwettbewerb

Die Kühe von Landwirt Alois Moormann nehmen es gelassen, dass sich beim Leistungswettkampf der Azubis fremde Melker an ihren Eutern zu schaffen machen. Fotos (4): Ulrike Havermeyer

Im Stall von Milchbauer Alois Moormann in Hunteburg trägt die Bezirksstelle Osnabrück der Landwirtschaftskammer Niedersachsen ihren Melkwettbewerb aus. 13 Auszubildende stellen sich der Jury – die beiden besten qualifizieren sich für den Landesentscheid.

Kuh Nummer 58588 nimmt den Bezirksmelkwettbewerb, der diesmal im heimatlichen Stall ihres Besitzers Alois Moormann und seiner Frau Doris in Schwegermoor ausgetragen wird, sichtlich gelassen. Schlenkert etwas mit dem Schwanz hin und her und wackelt lässig mit den Ohren. Der unbekannte Zweibeiner, der ihr da von schräg hinten-unten aus der Melkgrube heraus behutsam die Zitzenbecher über das Euter stülpt, riecht zwar fremd und bewegt sich ungewohnt flink, aber, das sieht man Nummer 58588 schon allein an ihrem grazilen Augenaufschlag an – er macht seine Sache gut.

Bevor Kandidat Fabian Oelmeyer das Melkgeschirr anschließt, muss die Kuh zunächst „Angerüstet“, also vorbereitet, werden.

Das Richter-Team muss ran

Schade, dass die schmucke Holstein-Dame nicht sprechen kann, und dass ein Mit-Muh-Recht im Reglement der Leistungsprüfung nicht vorgesehen ist. Denn die geduldige Schwarzbunte würde vermutlich lobende Töne finden für Fabian Oelmeyer, den jungen Auszubildenden im dritten Lehrjahr, der da gerade zwischen Schalm-Testtablett und Edelstahlrohren, Pulsatoren und Reinigungstüchern sein bestes gibt. Aber es ist wie es ist: Während Nummer 58588 schweigend wiederkäut, muss eben das Richterteam ran – das aus Berufsschullehrern, gestandenen Landwirten und Vertretern der Niedersächsischen Landwirtschaftskammer besteht. Beherzt werfen die Juroren denn auch ihr Fachwissen rund um Melktechnik, Produktionshygiene und Tierwohl in den Ring. Oder besser gesagt: in den Melkstand.

Landwirtschaftliche Berufe liegen im Trend

„Wir haben kreisweit zurzeit 188 Auszubildende im Bereich Landwirtschaft“, sagt Jürgen Balsmann von der Bezirksstelle Osnabrück der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. „Die Branche bietet für Arbeitnehmer aktuell unheimlich viele Möglichkeiten“, beschreibt er den hohen Bedarf. „Das können wir im Moment gar nicht alles abdecken.“ Nur etwa ein Drittel der ausgelernten Landwirte arbeite nach der Ausbildung auf einem Betrieb, berichtet Balsmann, ein weiteres Drittel absolviere ein Studium im Bereich Agrarwirtschaft, das restliche Drittel besuche die Fachschule, um dort eine Meisterausbildung zum Betriebswirt zu beginnen. Mehr als die Hälfte der Auszubildenden stammt von Haus aus nicht aus der Landwirtschaft.

„Man sieht, was man geschafft hat“

Azubi Lea Lange (Mitte) überprüft das sogenannte Vorgemelk, bevor sie das Melkgeschirr anschließt. Richterin Heidi Schulze und ihr Kollege Andreas Vogel überwachen das Ganze mit Argusaugen.

Auch Lea Lange aus Göttingen und Ida Krüwel aus Hasbergen haben ihre Kindheit nicht auf einem Bauernhof verbracht. Was treibt sie zur Landwirtschaft? „Man sieht am Abend, was man den Tag über geschafft hat“, weiß Lea Lange den sichtbaren Erfolg zu schätzen. Und Ida Krüwel, die als Tierfreundin ihr Hobby zum Beruf machen will, ergänzt, dass auch der Umgang mit den großen Maschinen ihr durchaus Spaß mache. Zusammen mit der Dritten im Bunde, Sophie Freese, schlagen sich die jungen Frauen im männlich dominierten Wettkampfeld mehr als respektabel: Als Kuh Nummer 58588 und ihre Herdengenossinnen, um etliche Liter Milch erleichtert, schließlich zufrieden aus dem Melkstand trotten, steht der Sieger des Bezirksmelkwettbewerbs fest: Ida Krüwel hat gewonnen! Gemeinsam mit dem Zweitplatzierten Johannes Pues wird sie den Bezirk Osnabrück auf Landesebene Anfang April in Echem vertreten. Als Reservemelker steht Gerrit Hünker bereit.

Ida Krüwel, die spätere Gewinnerin des Bezirksmelkwettbewerbs 2018, ermittelt anhand des Schalmtests, dass mit dem Lebensmittel alles in Ordnung ist. Schiedsrichter Andreas Vogel sieht das auch so.

Erschienen in: Neue Osnabrücker Zeitung, 19.03.2018; Wittlager Kreisblatt, 19.03.2018))