Von der Faszination des Zielens und Treffens

Längst hat Darts den Ruf, nur ein Kneipenspiel zu sein, überwunden und ist zum Trendsport schlechthin geworden. Foto: Wikipedia

Die Spieler des vor drei Jahren gegründeten Steel Dart Club (SDC) Osnabrück wirken, als seien sie in einen schweren Sturm geraten: Entschlossen vornübergebeugt stemmen sie ihre Körper gegen einen imaginären Luftstrom. Doch in der Intensivstation 7, der Stammkneipe des SDC an der Mindener Straße 194 in Osnabrück, herrscht keineswegs Windstärke 10, wenn Brutus und Iceman, die Kröte, Tuf-Tuf oder der Bagger hier ihrer Leidenschaft nachgehen und die Kunst des Pfeilewerfens zelebrieren.

„Der richtige Stand ist enorm wichtig“, erklärt mir der Bagger alias Patrick Hallmann und positioniert sich, geschmeidig auf dem rechten Fuß wippend, an der Kante des Bodenbrettes. Der hölzerne Abstandhalter, der aussieht wie ein etwas zu dick geratener roter Teppich, markiert mit einer Länge von 2,37 Meter die vorgeschriebene Entfernung zum Board. Im Geiste startet Hallmann die Windmaschine in seinem Kopf, neigt sich gekonnt der bunt gemusterten Scheibe entgegen, fokussiert das Triple-20-Feld, lehnt den Oberkörper noch ein gewagtes Stückchen weiter nach vorne, winkelt den Arm an, die Schulter und der Oberarm sind fest fixiert. Er holt mehrmals und wie in Zeitlupe Schwung aus dem Ellenbogen und – zack! – schickt er den Pfeil mit einem letzten Schliff aus dem Handgelenk blitzschnell auf den Weg: Triple-20, satte 60 Punkte! Ein besseres Ergebnis ist mit einem Wurf im Darts-Sport nicht zu erreichen. Der Bagger lächelt. Seine entspannte Haltung verrät, dass er den inneren Windgenerator vorübergehend abgeschaltet hat.

Wer punktgenau treffen will, braucht einen sicheren Stand. Foto: Stadtwerke Osnabrück

Vom Kneipenspiel zum Trendsport

„Spätestens seit der Abschiedstour von Darts-Legende Phil ,The Power‘ Taylor und der Live-Übertragung des WM-Finales im Fernsehen hat Darts den Ruf, nur ein Kneipenspiel zu sein, endgültig überwunden und ist zum Trendsport schlechthin geworden“, beschreibt Sascha Friedrich den enormen Zulauf, den auch der SDC verzeichnet. „Als wir den Verein 2015 gegründet haben, wollten wir eigentlich nur Steeldarts anbieten“, berichtet der Vorsitzende, „aber dann sind so viele neue Mitglieder eingetreten, dass wir mittlerweile auch mit mehreren E-Dart-Mannschaften in den Ligen vertreten sind.“ Bei der elektronischen Variante werfen die Spieler ihre Pfeile, die statt einer Metall- eine Kunststoffspitze tragen, nicht wie beim Steeldarts auf ein Board aus Sisalfasern, sondern auf die gelöcherte Kunststoffscheibe eines Automaten.

Der Spitzname gehört dazu

Während die anderen Spieler im Nebenzimmer – hochkonzentriert und mit Geschick und Präzision – in abenteuerlicher Haltung mit ihren Darts gegen nicht vorhandene Sturmböen ankämpfen und jedes Triple-20 eines Mitstreiters mit anerkennendem Gemurmel quittieren, lehnen im Vorraum Sven Ermrich und Dieter Aulert an einem Stehtisch und fachsimpeln über Flights und Barrals, Bouncers und Protectoren. Ermrich, Vorstandsmitglied der Freien Osnabrücker Dartliga (FODL), ist für die Organisation der Liga-Wettkämpfe verantwortlich und ein absoluter Insider der Szene. „Wir sind wie eine große Familie“, sagt er, wiegt genießerisch einen Dartpfeil in der Hand, und sein Gegenüber „Zausel“  stimmt ihm fröhlich nickend zu.  A propos „Zausel“: Wieso trägt beim Darts eigentlich fast jeder einen Spitznamen? „Das ist eine liebe Tradition“, erklärt Sven „Al Bundy“ Ermrich mit breitem Grinsen, „manche suchen ihn sich selber aus, die anderen kriegen ihn verpasst – und müssen dann damit leben…“

Drei Pfeile gilt es beim Steeldarts pro Durchgang in ein Board aus Sisalfasern zu versenken. Foto: Stadtwerke Osnabrück

Gäste jederzeit willkommen

Jeden Mittwoch treffen sich die Spieler des SDC, Männer und Frauen zwischen 18 und 65 Jahren, ab 18.30 Uhr in der Intensivstation 7 zum Trainieren. „Wer den Sport kennenlernen, zuschauen oder mitmachen möchte, ist herzlich eingeladen“, versichert Sascha „der Franke“ Friedrich, dass neben dem sportlichen Ehrgeiz auch die Geselligkeit und vor allem der Spaß im Mittelpunkt stehen. „Da spreche ich auch für die anderen Vereine aus der Stadt und dem Landkreis Osnabrück“, ist er sicher, und verweist darauf, das sich auch die Rangers DC Belm, die Spielvereinigung Niedermark aus Hagen, der SuS Melle-Buer und der TV Groß Mimmelage über interessierte Gäste freuen.

(Erschienen in: HIER, Magazin der Stadtwerke Osnabrück, 01/2018)