Salz auf meiner Haut

Auf der beheizten Kunstdüne lässt es sich gut vom nächsten Urlaub träumen… Foto: Ernesto Wiebrock

Als ich ein kleines Mädchen war, hat mein Großvater mich unbedacht sein „kleines Frösteköddel“ genannt. Nett war das nicht – und wenn ich es mir recht überlege, ist dieser verbale Lapsus vielleicht der Anfang meiner Probleme gewesen. Denn seitdem hat das glücklich sein für mich immer auch etwas mit Wärme und Geborgenheit zu tun. Ein Ort, der eine solche Behaglichkeit verspricht, ist das SoleVital in Bad Laer. Wen das Glück lockt, der soll nicht zögern: Also, auf in die Südkreisgemeinde!

Ein unbeheiztes Freibad? Niemals. Ein eisblauer Badesee? Keine Chance. Die unterkühlte Frische des Atlantiks? Um Himmels Willen! – Unter 30 Grad läuft oder, besser gesagt: schwimmt bei mir gar nichts. Dieses persönliche Temperaturlimit hat schon meine Schulzeit unangenehm beeinträchtigt: Während die anderen jauchzend in das auf sportliche 22 Grad temperierte Becken hechteten, stand ich bibbernd am Rand, die Lippen blau, der Körper von einer Gänsehaut überzogen. Dabei bewege ich mich wirklich gerne im Wasser. Nur sollte sich dessen Temperatur in einer mediterranen Komfortzone befinden.

Die müden Elternknochen lockern

Die wenigen positiven Erinnerungen, die ich mit öffentlichen Schwimmbädern verbinde, beziehen sich tatsächlich allesamt auf das alte Sole Therapiebad in Bad Laer, in dessen lauschig warmen Fluten mein Sohn und meine Tochter im zarten Alter von wenigen Monaten ihre ersten Kontakte zum feuchten Element geknüpft haben – während mein Mann und ich uns abwechselnd im Whirlpool von den Massagedüsen umblubbern ließen oder unsere müden Elternknochen bei der angebotenen Wassergymnastik lockerten. Seufz – das waren Zeiten. Als vor einigen Jahren der Betrieb des Bades eingestellt wurde und sich die Öffnungszeiten des neuen SoleVital als nicht kompatibel zu meinen  Arbeitszeiten erwiesen, blieb mir als thermisch akzeptabler Rückzugsort nur noch die heimische Badewanne – die allerdings wenig außer etwas Zehenwackeln zulässt.

Aqua-Pilates statt Prosecco

Doch Krimilektüre im Granatapfel-Schaumbad hin, Kerzenlicht und Prosecco auf dem Wannenrand her: Ich vermisse den Duft der Sole. Ihren wohltuenden Auftrieb. Die mich umschmeichelnde Strömung. Das getragen werden. Kurzum: diese erlesene Kombination, mit der Bad Laer mich so lange verwöhnt hat. Um allerdings wieder in deren Genuss zu gelangen, müsste ich, meiner privaten Logistik geschuldet, wohl einen der im SoleVital angebotenen Kurse belegen. Eigentlich gar keine schlechte Idee, überlege ich, ein bisschen Gymnastik würde mir als Ü-40erin ganz gut tun. Und kälter als im Schulschwimmbad wird das Wasser im SoleVital schon nicht sein, mache ich mir Mut. Das Frotteehandtuch noch um die feuchten Haare geschlungen, springe ich aus der Badewanne, greife entschlossen zum Telefonhörer und melde ich mich zum Aqua-Pilates bei Sport- und Gymnastiklehrerin Marita Fehr an.

Impression aus dem Erlebnisraum.

Nordsee-Flair im Erlebnisraum

14 Tage später: Neugierig betrete ich – zum allerersten Mal – den Erlebnisraum des SoleVital. Die Kulisse verbreitet Nordsee-Flair. An der Wand ein Strandpanorama mit Leuchtturm. Was mich aber am meisten begeistert: Der Raum ist so himmlisch warm, dass ich mich kurzerhand auf der dezent beheizten, in einem filigranen Mosaik gekachelten Düne niederlasse und mich meinen Gedanken hingebe. Entspannung pur. Ein herzhaftes Gähnen meinerseits lässt sich nicht vermeiden.

Adieu heißer Stein …

Doch das in Grün illuminierte Bewegungsbecken nebenan verströmt eine geradezu magische Anziehungskraft. Einladend tanzen die Lichter auf der sich sanft kräuselnden Wasseroberfläche. Und jetzt blickt auch schon Marita Fehr um die Ecke: „Kommen Sie rein“, fordert sie mich freundlich lächelnd auf, „das Training fängt gleich an.“ Na dann: adieu heißer Stein, ahoi hoffentlich wohltemperierte Sole!

Der Abend ist gerettet!

Aqua-Pilates tut gut: „Seit ich dieses Angebot nutze, habe ich keine Rückenprobleme mehr“, sagt beispielsweise Christel Lindemann aus Lienen.

Mit biografisch bedingter Skepsis tunke ich prüfend meinen Zeh in das Becken, in dessen 3,5-prozentiger Sole bereits ein gutes Dutzend Kursteilnehmer in Zeitlupe und wie schwerelos ihre Runden drehen. Kaum schwappt das Wasser über meine Knöchel, beginnen mein Körper und mein Geist zu jubilieren – der Abend ist gerettet: Die aktuelle Wassertemperatur, wie die Anzeige bestätigt, beträgt 32,2 Grad! Bereitwillig gleite ich in die Fluten, drehe mich auf den Rücken und schließe die Augen. Endlich wieder Sole! Ich atme durch. Ganz tief und ganz bewusst. Sanft umschmeichelt mich die Wärme. Ich inhaliere den Nebel, schmecke das Salz. Herrlich!

Ansteckend: die Energie von Marita Fehr

„Aqua-Pilates schont die Gelenke, trainiert die Rumpfstabilität und baut sehr wirkungsvoll die Tiefenmuskulatur auf“, geht Marita Fehr mit sichtlicher Begeisterung zum praktischen Teil über, „indem man gegen den Auftrieb und den Widerstand des Wassers arbeitet, werden auch solche Muskeln aktiviert, die man bei den Übungen an Land nicht erreicht.“ Viele der Kursteilnehmer sind Stammgäste. Gemeinsam mit ihnen grätsche, hüpfe und schaukele ich gegen den Widerstand des feuchten Elements, beuge und strecke den Rücken, kreise mit den Schultern, spreize, schließe und kreuze Arme und Beine. „Noch vier! Noch drei! Noch zwei! Noch einmal – und sofort in die Standwaage kommen! Das Gleichgewicht halten!“, fordert uns Marita Fehr mit ansteckendem Enthusiasmus heraus.

Energiebündel: Die Begeisterung, mit der Aqua-Pilates-Trainerin Marita Fehr die Übungen vermittelt, ist ansteckend.

Die Wärme nicht aufs Spiel setzen

Dem Widerstand und dem Auftrieb der Sole sportlich die Stirn oder, besser gesagt: den gesamten Körper zu bieten – macht Spaß und tut gut. Nach 45 Minuten Aqua-Pilates fühle ich mich erholt, gelockert, angenehm erschöpft – und wunderbar durchgewärmt. Sodass ich fast versucht bin, meinen Ausflug ins SoleVital mit einem Besuch der Regendusche im Erlebnisraum zu krönen und mich mit Original Quellwasser aus Bad Laer abzubrausen. Aber dann entscheide ich mich doch dafür, die wohlige Wärme, die sich in mir ausbreitet, nicht aufs Spiel zu setzen und stattdessen den Abend tiefenentspannt zu beenden: Schließlich würde mich die zwischen 13 und 16 Grad eingestellte Sole-Dusche ja doch bloß zurück ins Schulschwimmbad katapultieren…

Der Abend ist gerettet!

(Erschienen 10/2017 auf https://blog.osnabruecker-land.de)