Wie redet man über die eigene Bestattung?

Die Hürden rund um das Thema Tod niedrig halten: Bestatterin Gabriele Lienemann (rechts) und ihre Kollegin Sarah Schulz empfehlen, frühzeitig über die Wünsche für die eigene Bestattung nachzudenken. Foto: Ulrike Havermeyer
Die Hürden rund um das Thema Tod niedrig halten: Bestatterin Gabriele Lienemann (rechts) und ihre Kollegin Sarah Schulz empfehlen, frühzeitig über die Wünsche für die eigene Bestattung nachzudenken. Foto: Ulrike Havermeyer

Ein Reisebüro? Irgendwie schon. Aber irgendwie eben auch nicht. Wenn überhaupt, dann geht es hier allerdings um eine sehr spezielle Art von Überfahrt. Eine Passage in eine andere Dimension. In eine bessere Welt? Oder führt die letzte aller Reisen doch eher ins Ungewisse?

Wie redet man über die eigene Beisetzung?

Etwas betreten rutsche ich auf meinem Stuhl im Büro des Bestattungsunternehmens der Familie Lienemann in Alt-Lotte herum und bereite mich innerlich auf ein Gespräch vor, von dem ich mir eine gewisse Schwere erwarte: Reden über den Tod. Über die Vorkehrungen für die eigene Bestattung. Wer überwindet sich zu einem solchen Termin? „Inzwischen sogar ziemlich viele“, sagt Bestatterin Gabriele Lienemann. Und versichert mir mit zuversichtlichem Lächeln, dass eine Unterhaltung über die letzte Reise gewöhnlich alles andere als düster verlaufe, sondern oft – ganz im Gegenteil, ziemlich befreiend und tröstlich wirke.

Ein zwangloser Besuch beim Bestatter des Vertrauens

Kann man also einfach so, ohne konkreten Anlass und ganz zwanglos, auf einen Besuch beim Bestatter seines Vertrauens vorbei schauen? „Aber selbstverständlich“, sagt Gabriele Lienemann. Weil sie als gebürtige Wersenerin für die meisten ja keine Unbekannte sei, erzählt die 48-Jährige, komme es durchaus vor, dass sie beim Einkaufen im Dorf angesprochen werde: ‚Du, Gaby – kann ich mal zu euch kommen, ich habe da noch was zu regeln‘. Sie lächelt wieder. Es sei gut, sagt sie, die Hürden rund um das Thema Tod niedrig zu halten. „Wer ein Beratungsgespräch wünscht oder sich ganz allgemein über die Möglichkeiten einer Bestattung informieren möchte, ruft am besten vorher an und vereinbart einen Termin.“ Im Ernstfall ist das Bestattungsunternehmen Lienemann rund um die Uhr zu erreichen. „Da wir im Bereich der Gemeinden Lotte und Westerkappeln für den Polizeidienst zuständig sind – also zu tödlichen Unfällen oder ungeklärten Todesfällen gerufen werden“, erklärt die Bestatterin, „sind wir jeden Tag in Bereitschaft.“

Feuer-, Erd- oder Seebestattung

Schlichte Tongefäße in gedeckten Farben. Edel verzierte Behälter aus schimmerndem Metall. Noch immer ein wenig befangen, sitze ich im Schatten einer gediegenen Regalwand. Hier, wo die aktuellen Urnenmodelle ausgestellt sind, erläutern mir Gabriele Lienemann und ihre Kollegin Sarah Schulz die Details des nordrhein-westfälischen Bestattungsgesetzes: Ein Verstorbener muss in NRW – frühestens 48 Stunden und spätestens zehn Tage nach seinem Tod – entweder als Leichnam in einem Sarg auf einem Friedhof beigesetzt oder bei einer Feuerbestattung eingeäschert werden. Die Beisetzung einer Urne muss nach NRW-Gesetz bis spätestens 30 Tage nach der Einäscherung geschehen und kann außer auf einem Friedhof auch in einem Friedwald oder als Seebestattung in der Nord- oder Ostsee erfolgen.

„Die Angehörigen mit einbeziehen“

„Auf dem Ibbenbürener Hauptfriedhof gibt es außerdem ein muslimisches Gräberfeld“, berichtet Gabriele Lienemann, „auf dem die Verstorbenen nach dem Ritus des Islam nur in Tüchern beigesetzt werden.“ Überdies haben die Ibbenbürener ein Aschefeld angelegt, auf dem die sterblichen Überreste der Toten anonym verstreut werden können. „Zulässig ist auf Antrag auch eine Überführung der Urne ins Ausland“, fährt Lienemann fort. „Wer möchte, kann seine Asche zum Beispiel über den Alpen ausstreuen lassen.“ Fast wie bei der bunten Palette des Tourismus zu Lebzeiten, scheint es also auch bei der Wahl der letzten Reisemöglichkeit kaum Grenzen zu geben. Doch auch hier gilt: Wer die Reisebedingungen mitgestalten will, muss sich rechtzeitig informieren und seine Entscheidung entsprechend mitteilen. Zum Beispiel in Form einer Bestattungsverfügung. „Häufig ergibt sich der passende Rahmen für die persönlichen Beisetzungswünsche ja erst im Laufe eines ausführlichen Vorsorgegesprächs“, sagt Sarah Schulz. „Man sollte sich Zeit lassen, die Dinge überdenken und möglichst auch die Angehörigen mit einbeziehen.“

„Es ist egal, ob und welcher Religion ein Verstorbener angehört“

Zur Klientel des Lotter Bestattungsunternehmens gehören Christen und Moslems, Mitglieder von Freikirchen und anderen Glaubensgemeinschaften sowie Atheisten. „Ganz egal, welcher Glaubensrichtung ein Verstorbener angehört, ob er aus der Kirche ausgetreten oder gar nicht religiös orientiert ist“, sagt Gabriele Lienemann, „wir sind für alle Angehörigen gleichermaßen da, bieten ihnen Hilfestellung und regeln je nach Wunsch die komplette oder einzelne Elemente der jeweiligen Bestattungszeremonie.“ Sie nickt entschieden. „Für die Hinterbliebenen“, spricht sie aus Erfahrung, „ist es in all ihrer Trauer jedenfalls leichter, wenn der Verstorbene zu Lebzeiten mitgeteilt hat, wie er sich seine letzte Reise wünscht.“

(Erschienen in: Neue Osnabrücker Zeitung, 20.01.2015; Westfälische Nachrichten, 20.01.2015)