Ganz dicht dran am Alphatier

Unter der großen Kastanie am Radweg neben der Heerstraße legen Axel Hoge und Ares besonders gern ein Päuschen ein: Das Herrchen auf der Holzbank, sein Hund mit den Pfoten im kühlen Wasser des benachbarten Baches. Foto: Ulrike Havermeyer
Unter der großen Kastanie am Radweg neben der Heerstraße legen Axel Hoge und Ares besonders gern ein Päuschen ein: Das Herrchen auf der Holzbank, sein Hund mit den Pfoten im kühlen Wasser des benachbarten Baches. Foto: Ulrike Havermeyer

Hin und wieder nimmt Axel Hoge als Hobbyfotograf auch seine Kamera mit. Immer dabei ist dagegen Ares, wenn sich der 47-jährige Westerkappelner zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf den Weg zu seinem Lieblingsplatz macht: Im Schatten einer raumgreifenden Kastanie lädt seit dem Bau des Radwegs an der Heerstraße eine rustikale Holzbank Herr und Hund zum Rasten ein. Zweibeiner, die sich dort niederlassen, werden mit einem unverstellten Ausblick auf die Westerbecker Kulturlandschaft belohnt. Dass die lauschige Stelle aber auch für Ares, den Belgischen Schäferhund, und seine Artgenossen attraktiv ist, liegt vor allem an dem kleinen Fließgewässer, das sich nur ein paar Meter entfernt durch die Felder schlängelt. „Der Bach ist ideal für den Hund, um sich ein wenig abzukühlen“, sagt Axel Hoge.

Ein Lieblingsplatz für Zwei- und Vierbeiner

Stellt das idyllische Fleckchen Erde am Ende also auch den Lieblingsplatz von Hoges energiegeladenem Hausgenossen dar? Axel Hoge schmunzelt und wiegt etwas skeptisch den Kopf. Der Lieblingsplatz eines artgerecht erzogenen Hundes, lautet die Philosophie des ausgebildeten Problemhunde-Therapeuten, ist stets in der Nähe seines Rudelführers. Denn im Dunstkreis eines verantwortungsbewussten Chefs ist das Leben – aus Sicht des Vierbeiners – angenehm geordnet, wunderbar sicher und: super interessant. Je dichter dran, an seinem Alphatier Axel Hoge, desto besser für Ares, scheint denn auch der wache Blick des Rüden in Richtung Herrchen zu bestätigen. Oder, wie Axel Hoge es ausdrückt: „Ich möchte für meinen Hund der geilste Typ der Welt sein.“

Ein Musterschüler auf vier Pfoten?

Nun ist die achtjährige Fellnase beileibe kein Problemhund. Ganz im Gegenteil: Ares zieht nicht an der Leine. Ares knurrt keine Passanten an. Und Ares frisst nichts, was sein Herrchen für ihn nicht vorher zum Verzehr freigegeben hat. Ein Musterschüler auf vier Pfoten? Der Hundetherapeut verneint: Eigentlich sei Ares nur ein völlig normaler Hund, der ein völlig normales Verhalten zeige, weil er gut erzogen sei. „Was ja eigentlich auch völlig normal für einen Hund sein sollte“, fügt Hoge hinzu. Eigentlich. Doch herumstreunende, dauerkläffende oder ihre Haufen in fremden Vorgärten hinterlassende Vierbeiner zeigen, dass nicht jedem von ihnen solche Benimm-Regeln erfolgreich vermittelt worden sind. Axel Hoge atmet tief durch: „Auch so ein Tier, das sich nach menschlichen Maßstäben unerwünscht verhält, macht aus Hundesicht durchaus alles richtig“, gibt er zu bedenken: „Es markiert und verteidigt ein Revier gegenüber Eindringlingen – schade bloß, dass es sich hier leider gar nicht um sein Revier handelt.“ In all diesen Fällen, betont der Hundefachmann, sei es der Mensch, „der sich die Mütze aufsetzen muss, bei der Erziehung seines Tieres etwas falsch gemacht zu haben.“ Die Grenze zwischen einem schlecht erzogenen und einem Problemhund ist dummerweise oft fließend.

Ohne Zwang und ohne Worte

Doch worin besteht und wie gelingt eine gute Erziehung? Als Axel Hoge vor einigen Jahren von dem nonverbalen Erziehungskonzept „Speechless Dogtraining System“ – kurz: SDTS – erfuhr, das im Jahr 1999 von Gerhard Wiesmeth entwickelt worden ist, „war ich hin und weg“, berichtet der Westerkappelner. Denn laut SDTS läuft die Verständigung zwischen Mensch und Hund zu 90 Prozent über eine – dem Menschen häufig zunächst gar nicht bewusste – Körpersprache ab. „Warum diese 90 Prozent nicht nutzen?“, dachte sich Hoge und absolvierte eine entsprechende Ausbildung zum Problemhunde-Therapeuten. Seitdem hilft er Hundehaltern, ihre Tiere besser zu verstehen – und somit besser zu behandeln. Ohne Zwang. Ohne Hilfsmittel. Und weitestgehend ohne Worte. Aber dafür mit umso mehr Verständnis für das Wesen des Vierbeiners.

Verblüffende Gemeinsamkeit

Ares an der Leine, die Kamera um den Hals – so spaziert Naturfreund Hoge am liebsten durch die Wälder rund um Westerkappeln. „Gutes Fotografieren und gute Hundeerziehung haben übrigens eine Gemeinsamkeit“, verrät er: „Wenn’s funktionieren soll, muss man bei beidem sehr genau hinschauen und auf jedes Detail achten.“

(Erschienen in: Neue Osnabrücker Zeitung, 27.01.2026; Westfälische Nachrichten, 27.01.2016)