Mit Nocturno über das Dressurviereck schweben

Echte Champions: Manuela Fischer und ihr spanischer Hengst Nocturno haben es als Drittplatzierte bei der ersten Deutschen Meisterschaft der klassisch-barocken Reiterei auf Anhieb mit aufs Siegertreppchen geschafft. Foto: Ulrike Havermeyer
Echte Champions: Manuela Fischer und ihr spanischer Hengst Nocturno haben es als Drittplatzierte bei der ersten Deutschen Meisterschaft der klassisch-barocken Reiterei auf Anhieb mit aufs Siegertreppchen geschafft. Foto: Ulrike Havermeyer

Ein sandiges Viereck, 20 x 60 Meter groß, ist genau der Ort, an dem Manuela Fischer und ihr Hengst Nocturno sich wohlfühlen. Bei der ersten Deutschen Meisterschaft der klassisch-barocken Reiterei haben sich die beiden jetzt die Bronzemedaille erkämpft.

So ist das eben, wenn Zwei sich treffen, deren Herz im selben Takt schlägt und die ihre Leidenschaft zur gemeinsamen Sache machen. Schon von Kindesbeinen an hat sich Manuela Fischer, die passionierte Amazone, die am liebsten alles über die Weltwahrnehmung und das Denken der Pferde wissen würde, für die Reiterei begeistert. Und Nocturno, der 14-jährige Schimmelhengst mit dem herzergreifenden Dackelblick? Als waschechter Spanier der Rasse „Pura Raza Espanola“ ist ihm das Talent, mit schier unfassbarer Leichtigkeit über das Dressurviereck zu schweben, wohl schlicht und ergreifend in die Abfohlbox gelegt worden. „Das kommt daher, dass die spanischen und besonders die portugiesischen Tiere auch heute noch für den Stierkampf gezüchtet werden“, erklärt Pferdefachfrau Fischer. „Sie müssen extrem wendig sein und haben daher einen gedrungenen, sehr kompakten Körperbau und eine angeborene Art der Versammlung.“

Gegenseitiger Respekt

Statt auf Druck und Gehorsam setzen Manuela Fischer und Nocturno auf gegenseitigen Respekt und harmonische Verständigung. Und der Erfolg gibt ihnen Recht: Nach dem Gewinn der Landesmeisterschaft im Barockreiten vor zwei Jahren haben die beiden nun ein weiteres Etappenziel ihrer gemeinsamen Karriere erreicht: Bei der erstmals ausgetragenen Deutschen Meisterschaft der klassisch-barocken Reiterei, die am vergangenen Wochenende in Verden stattgefunden hat, standen die beiden Westerkappelner nicht nur auf der Starterliste, sondern als Drittplatzierte nach Pflicht und Kür sogar mit auf dem Siegertreppchen.

Wie in der Sahara

„Die Rahmenbedingungen waren schon ziemlich schwierig“, bedauert Manuela Fischer, dass ihr sonst so adretter Lieblingsplatz angesichts der Wetterlage – die Temperaturen lagen bei 34 Grad – eher an die Wüste Sahara erinnert habe. „Außer der Hitze hat es zusätzlich noch unheimlich gestaubt“, sagt sie, „das war weder für die Pferde noch für die Reiter optimal.“ Erschwerend kam hinzu, dass Nocturno eine längere Krankheitsphase hinter sich hatte. „Wegen eines Sehnenanrisses musste er fast ein Jahr pausieren“, erläutert seine Reiterin. „Eigentlich habe ich erst im Januar damit begonnen, ihn ganz behutsam wieder aufzubauen.“ Wochenlang hätten die beiden nur im Schritttempo gearbeitet. Vor den Deutschen Meisterschaften galt es daher vor allem, Nocturnos Kondition wieder zu trainieren. Denn selbst, wenn man sie im Blut hat, kostet die extrem zurückgenommene Art der Bewegung, die sogenannte Versammlung, enorm viel Kraft. „Mindestens drei Lektionen der Hohen Schule sind bei den Deutschen Meisterschaft gefordert“, wusste Manuela Fischer um die Herausforderung, die ihr und ihrem Pferd bevorstand.

Tosender Applaus

Umso stolzer ist die Westerkappelnerin auf ihren zuverlässigen Vierbeiner: „Nocturno ist ein eiskalter Kämpfer, sehr temperamentvoll – ein echter Spanier“, beschreibt die 47-Jährige die Qualitäten ihres Hengstes: „Im Viereck will er unbedingt zeigen, was er kann – daran hat er seinen Spaß.“ In Verden hat Manuela Fischer in ihrem Kürprogramm daher ganz auf die Stärke von Nocturno gebaut und mit der Piaffe-Pirouette eine der schwierigsten Übungen überhaupt präsentiert. „Das hat uns tosenden Applaus eingebracht“, freut sie sich. Bei den fliegenden Galoppwechseln könne sich ihr Hengst allerdings noch verbessern.

Das nächste Ziel

Das wird Nocturno denn wohl auch tun: Schließlich nehmen Ross und Reiterin demnächst eigens an einer Fortbildung bei Richard Hinrichs, dem Präsidenten des Bundesverbands für klassisch-barocke Reiterei, teil, um ihren kunstvollen Auftritten den letzten Feinschliff zu verpassen. Fest im Blick dabei dürften der feurige Iberer und die ehrgeizige Westfälin dann bereits das nächste Ziel ihrer gemeinsamen Leidenschaft haben: die Deutsche Meisterschaft der klassisch-barocken Reiterei 2017.

(Erschienen in: Neue Osnabrücker Zeitung, 31.08.2016)