Reise in die eigene Vergangenheit

Beeindruckt von den Stolpersteinen, die an seine Vorfahren erinnern, war Ronny Reinberg (links) bei seinem Besuch in Badbergen. Ihn begleitet haben Buchautor Dieter Przygode und Bürgermeister Dietmar Berger. Foto: Ulrike Havermeyer
Beeindruckt von den Stolpersteinen, die an seine Vorfahren erinnern, war Ronny Reinberg (links) bei seinem Besuch in Badbergen. Ihn begleitet haben Buchautor Dieter Przygode und Bürgermeister Dietmar Berger. Foto: Ulrike Havermeyer

Auf den Spuren seiner Vorfahren hat der in Israel lebende Ronny Reinberg die Gemeinde Badbergen besucht. Beeindruckt war der 38-Jährige von den Stolpersteinen, die vor dem Heimathaus an die aus dem Altkreis stammenden Mitglieder seiner Familie erinnern.

„Amazing“ – phantastisch, unglaublich! Ronny Reinberg kniet neben der schlichten Messingplatte vor dem Heimathaus in Badbergen. Der Stolperstein, der hier im Juni 2016 zusammen mit neun weiteren Gedenktafeln verlegt worden ist, erinnert an das Schicksal seines jüdischen Urgroßvaters Carl Meyer. Ronny Reinberg lächelt und schüttelt noch immer ganz ungläubig den Kopf. Dass die Badberger seinen aus ihrer Gemeinde stammenden Vorfahren, von denen einige in den 1930er Jahren vor dem Naziterror nach Argentinien fliehen konnten, einen solchen Respekt erweisen, berührt ihn. „Really amazing…“, murmelt er und streicht wieder und wieder mit der Hand über den eingravierten Namen: Carl Meyer.

Erinnerungsfoto

Ronny Reinberg zückt sein Smartphone: Ein Erinnerungsfoto muss her. Aber bitte eins, auf dem auch Badbergens Bürgermeister Dietmar Berger und jener Mann verewigt werden, der die Beziehung des Urenkels von Carl Meyer zu seiner alten Heimat überhaupt erst initiiert hat: Dieter Przygode. Der Bramscher Autor hat nach jahrelangen Recherchen, einem umfangreichen Briefwechsel und  schließlich sogar einem Besuch vor Ort in Argentinien bei den Nachkommen der jüdischen Familien Meyer aus Badbergen und Voss aus Bramsche das Buch „Von Bramsche nach Buenos Aires“ geschrieben. „In dieser Zeit sind Freundschaften entstanden“, sagt Przygode. Kontakte wurden geknüpft. Und das Interesse an der Vergangenheit großflächig ausgeweitet.

Die alte Heimat ist präsent

Sein Vater, Raul Reinberg, werde begeistert sein, freut sich Ronny und lässt das Smartphone zurück in die Tasche gleiten. Auch der sei schon in Badbergen gewesen – im Jahre 1991, als er seine Mutter Helga Reinberg, geborene Meyer, zu einem Ehemaligentreffen der Osnabrücker Studenten begleitet habe. Aber damals habe es die Stolpersteine ja noch nicht gegeben.

Höhepunkt des Tages

Bevor er seine Reise in die eigene Vergangenheit beendet, besucht Carl Meyers Urenkel aber noch den jüdischen Friedhof der Gemeinde. Dort liegt Sophie Meyer begraben, die Mutter von Carl, geboren 1865, gestorben 1935 in Badbergen. Unter dem Blätterdach der alten Eichen verharrt Ronny Reinberg lange vor dem verwitterten Stein. Schweigend. Versöhnt. „The highlight of my day“ – der Höhepunkt seines Tages sei dieser Moment gewesen, sagt er. Ein Foto hat er davon nicht gemacht. Er wird seinen Brüdern und Cousins von dem Besuch in Badbergen erzählen und ihnen ans Herz legen, selber herzukommen. Und, da ist er ganz sicher: „They will“ – das werden sie.

(Erschienen in: Bersenbrücker Kreisblatt, 21.07.2016)